Orte des Terrors

Rathaus

Das Bochumer Rathaus

Nach den Kommunalwahlen 1933 verkündete die NSDAP-Parteizeitung „Rote Erde“ am 13. März: „Das Rathaus ist unser!“. Das Bochumer Rathaus war Anfang der 1930er Jahre ein modernes neues Verwaltungsgebäude und wurde in den folgenden Jahren zu einem zentralen Ort, an dem Terror organisiert und verwaltet wurde.

Das Bochumer Rathaus, wie es heute in der Innenstadt steht, wurde von 1926 bis 1931 erbaut. Der erste Oberbürgermeister (OB), der dort Einzug hielt, war Dr. Otto Ruer. Bis 1933 stand der jüdischstämmige OB im Dienste der Stadt und hatte insbesondere in seinen letzten Dienstjahren mit Drohungen und Verleumdungen durch namhafte Mitglieder der Bochumer NSDAP zu kämpfen. Im März 1933 hissten NSDAP-Mitglieder die Hakenkreuz-Flagge auf dem Bochumer Rathaus, die Ruer umgehend entfernen ließ. Letztlich wurde Otto Ruer mit einer Diffamierungskampagne und Unterstellungen aus dem Amt gedrängt. Die Unterstellungen stellten sich noch 1933 als haltlos heraus, allerdings war zu diesem Zeitpunkt Otto Ruer bereits tot in einem Berliner Hotelzimmer aufgefunden worden; er wurde in den Suizid getrieben.

Wie im gesamten Deutschen Reich erlangte die NSDAP immer mehr an Einfluss. Bei den Kommunalwahlen 1933 erreichte sie 39,4 % der Stimmen. Otto Leopold Piclum, der neue OB der Stadt Bochum und führendes NSDAP-Mitglied, verkündet in der ersten Ratssitzung im April 1933: „Wir Nationalsozialisten sind mit dem Weltjudentum fertig geworden und werden hier in Bochum mit jedem spielend fertig, der sich uns entgegensetzt!“ Ebenfalls wurde 1933 Adolf Hitler zum Ehrenbürger der Stadt Bochum ernannt. Gestrichen wurde Hitler erst 1984 von der Liste der Bochumer Ehrenbürger, wobei offiziell die Ehrenbürgerwürde mit dem Tod Hitlers 1945 erloschen war. Piclum ging 1943 in den Ruhestand und wurde durch Friedrich Hesseldieck ersetzt.

Nicht nur das Schicksal von Otto Ruer verdeutlicht, dass das Bochumer Rathaus ein zentraler Ort des nationalsozialistischen Terrors war. Im Zuge der Gleichschaltung und des Gesetzes zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ aus dem Jahr 1933 verloren neben politischen Gegnern der Nationalsozialisten (Kommunisten, Sozialdemokraten) auch alle als jüdisch definierten Personen ihre Anstellungen in der Verwaltung. Als Bochumer Verwaltungsstätte war das Rathaus auch der Ort, an dem die Bochumer Jüdinnen und Juden den sogenannten Judenstempel in ihren Pass bekommen haben. Das imposante Gebäude mit dem geräumigen Rathausvorplatz wurde auch als Propagandaort genutzt. Es stand und steht repräsentativ im Bochumer Zentrum, wie nur wenige andere Gebäude.

Das Rathaus steht hier aber nur als ein Beispiel für die Verwaltung und Organisation des nationalsozialistischen Terrors im Bochumer Stadtgebiet. So erfolgte etwa die Planung von Deportationen oder die Ankunft und Verteilung von Zwangsarbeiter*innen auch an anderen Orten in Bochum.  Beispielsweise steht auch das Arbeitsamt, von dem aus Zwangsarbeiter*innen Firmen wie zum Beispiel dem Bochumer Verein zugewiesen wurden, für diese institutionalisierte Gewaltausübung. Im nationalsozialistischen Bochum stand das Arbeitsamt auf dem Gebiet des heutigen Bermuda3Ecks.

Im Zweiten Weltkrieg wurden Teile des Bochumer Rathauses zerstört. Schon vor den Bombenangriffen auf die Stadt waren die am Gebäude angebrachten Skulpturen demontiert worden, um sie für die Produktion von Waffen und Munition einzuschmelzen.

Das Rathaus, das bis 1951 wieder aufgebaut worden war, bleibt bis heute ein Erinnerungsort an den Nationalsozialismus in Bochum. Vor dem Eingangsbereich zum Innenhof auf dem Rathausvorplatz wurde ein Stolperstein für Otto Ruer verlegt, der allerdings in Relation zur imposanten Glocke etwas untergeht. Am Vorplatz bzw. am Rande des Gebäudes finden sich auch Tafeln mit QR-Codes, über die weitere Informationen zum Gebäude angeschaut werden können.