Obdachlosenasyl Meesmannstraße 117
In der Meesmannstraße 117 befand sich während der nationalsozialistischen Herrschaft ein städtisches Obdachlosenasyl . Dort wurden unter anderem Sinti und Roma untergebracht, die als „Zigeuner“ bezeichnet und verfolgt wurden.
Auf dem damaligen Bochumer Stadtgebiet gab es kein bekanntes „Zigeunerlager“. Aufgrund von bestehenden Vorurteilen in der damaligen Gesellschaft waren schon vor 1933 Maßnahmen ergriffen worden, Sinti und Roma aus dem Stadtbild zu verdrängen und ihre „Wagenkolonnen“ am Stadtrand anzusiedeln. Mit den 1940er Jahren wurden die Obdachlosenasyle an der Meesmannstraße 117 und am Krüzweg 44a dafür genutzt, Sinti und Roma zwangsweise unterzubringen.
Nachdem Sinti und Roma schon seit Jahren – und damit auch in der Weimarer Republik und dem Deutschen Kaiserreich – Diskriminierung ausgesetzt waren, wurden sie in Folge der Machtergreifung der Nationalsozialisten auch gesetzlich von der „deutschen Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen. Mit den Nürnberger Gesetzen 1935 wurden sie als „fremdrassig“ bezeichnet und im Zuge der „Rassenhygiene“ entsprechend degradierend qualifiziert. Häufig wurden Sinti und Roma auch nicht als „Zigeuner“ verhaftet, sondern auch als „Asoziale“ oder „Arbeitsscheue“.
Im August 1941 wurde im Bochumer Rathaus die Kennzeichnung von Sinti und Roma in ihre Pässe aufgenommen. Die Kennzeichnungen lauteten „Z“ oder „ZM“, also „Zigeuner“ oder „Zigeunermischling“. Letzteres bezeichnete eine Person, deren Familie nur zum Teil dieser Gruppe zugeordnet wurde. 1943 wurden Sinti und Roma verhaftet und sukzessive über den Bochumer Nordbahnhof deportiert. Die meisten wurden ins Konzentrationslager Auschwitz gebracht und dort ermordet.
Eine bekannte Biografie in diesem Kontext ist die der Bochumerin und Sinteza Appolonia Pfaus. Ihre Lebensdaten sind nur lückenhaft überliefert. Geboren wurde sie 1878/1879 – das genaue Datum und der korrekte Ort sind unbekannt – und lebte zusammen mit ihrem Partner, dem Roma Josef Winter, und elf Kindern in Bochum. Von der Familie überlebten nur drei Kinder die nationalsozialistische Verfolgung. Drei weitere der Kinder verstarben schon vor 1933, die restlichen Familienmitglieder wurden in Konzentrationslagern ermordet oder starben durch die unmenschlichen Lebensbedingungen. Appolonia verstarb im Mai 1944 in Auschwitz-Birkenau. Vor ihrer Deportation vom Bochumer Nordbahnhof aus war auch sie in der Meesmannstraße 117 untergebracht. Im Jahr 2004 wurde der Appolonia-Pfaus-Park nahe der Musikschule Bochum und dem Technischen Rathaus nach ihr benannt, „stellvertretend für die Sinti und Roma, die von den Nationalsozialisten verfolgt und umgebracht wurden“.