Orte des Terrors

»Judenhaus« Goethestraße

Das "Judenhaus" in der Goethestraße

Das Haus an der Goethestraße 9 wird im Adressbuch der Stadt Bochum erstmals 1899 erwähnt. Die direkte Lage zum Stadtpark, die Nähe zur Innenstadt sowie die repräsentativen Bürgerhäuser zeigen, dass es sich um eine der vornehmsten Adressen in Bochum handelt(e). Von 1926 bis 1938 gehörte das Haus dem Bochumer Rechtsanwalt und Notar Dr. Siegmund Schoenewald, der zusammen mit seiner Frau Ottilie zu den prominenteren Paaren in Bochum gehörte. Siegmund Schoenewald hatte eine der größten Anwaltspraxen Bochums und war ehrenamtlich Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde. Ottilie Schoenewald war Vorsitzende des Nationalen Frauendienstes in Bochum und ab 1934 auch die Vorsitzende des Jüdischen Frauenbundes auf Reichsebene. Zudem war sie in der Bochumer Stadtverordnetenversammlung Abgeordnete der linksliberalen Staatspartei (ehem. Deutsche Demokratische Partei).

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor Siegmund Schoenewald zunächst seine Zulassung als Notar und wurde während der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 mit ca. 60 anderen jüdischen Männern in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Parallel dazu wurde auch das Haus der Familie durch die SA sowie einer Jungenklasse eines Gymnasiums geplündert und verwüstet. Die Familie Schoenewald verließ nach der Entlassung Siegmund Schoenewalds aus dem Konzentrationslager 1938 Deutschland. Nachdem die Familie Schoenewald aus Deutschland fliehen konnte, wohnten noch weitere Jüdinnen und Juden in dem Haus, sodass dieses als  „Judenhaus“ bezeichnet wurde. 1942 wurde der „Reichsbund deutsche Familie e.V. Landesleitung Westfalen Süd“ Eigentümer des Hauses.

Von diesen „Judenhäusern“ gab es einige in Bochum. Die Nationalsozialisten zwangen jüdische Familien aus ihren eigenen Wohnungen und Häusern. Diese Familien mussten dann teilweise auf sehr beengtem Raum in den „Judenhäusern“ wohnen. Die Nationalsozialisten sahen in dieser Aktion gleich zwei Vorteile: Zum einen wurde begehrter Wohnraum „entjudet“ und damit „Deutschen“ zugänglich gemacht. Zum anderen konzentrierte man jüdische Familien auf einige wenige Punkte in der Stadt und konnte sie besser überwachen und schikanieren. 

Heute erinnern Stolpersteine an den letzten selbstgewählten Wohnorten der Menschen sowie eine Stele des Bochumer Stelenwegs in der Goethestraße an das Schicksal der Menschen und die Geschichte der „Judenhäuser“.