Orte des Terrors

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Bochumer Anzeiger vom 08. Mai 1929, Nr. 107, 36. Jahrgang.

Quelle: https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/5898806

In der Wilhelmstraße 18, heute am Dr.-Otto-Ruer-Platz, stand bis zur sog. Reichsprogromnacht die »alte« Bochumer Synagoge. Am 9. November 1938 wurde sie in Brand gesteckt und vollständig zerstört. Heute erinnert eine Gedenktafel an dieses Verbrechen in der Bochumer Innenstadt.

Die Bochumer Synagoge wurde 1863 eingeweiht und galt lange Zeit als ein repräsentatives Bauwerk des Bochumer Geschäftsviertels. Im selben Jahr wurde auch anliegend in der Hausnummer 16 die jüdische Schule eingeweiht, die Platz für ca. 100 Schüler bot. Noch im Jahr 1929 wurde die besondere Schönheit des Gebäudes gepriesen. In den folgenden Jahren unter dem erstarkenden nationalsozialistischen Einfluss wurden für dieses Gebäude keine positiven Bezeichnungen mehr gewählt. Vermehrt ist von »Zwiebeltürmen« die Rede, die als anstößig verurteilt wurden.

Synagoge

Bochumer Synagoge

Verfolgung jüdischen Lebens (Wilhelmstr. 18)

In der Wilhelmstraße 18, heute am Dr.-Ruer-Platz, stand bis zur sogenannten Reichspogromnacht die „alte“ Bochumer Synagoge. Am 9. November 1938 wurde sie in Brand gesteckt und vollständig zerstört. Heute erinnert eine Gedenktafel an das Gebäude.

Die Synagoge wurde 1863 eingeweiht und galt lange Zeit als ein repräsentatives Bauwerk des Bochumer Geschäftsviertels. Im selben Jahr wurde nebenan im Haus Nummer 16 die jüdische Schule eröffnet, die Platz für ca. 100 Schüler*innen bot. Noch im Jahr 1929 wurde die besondere Schönheit der Synagoge hervorgehoben. In den folgenden Jahren unter dem erstarkenden nationalsozialistischen Einfluss finden sich für das Gebäude keine positiven Bezeichnungen mehr. Vermehrt ist von „Zwiebeltürmen“ die Rede, die als anstößig kritisiert wurden.

Bochumer Anzeiger vom 08. Mai 1929, Nr. 107, 36. Jahrgang.

Quelle: https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/5898806

Am 13.03.1933, dem Tag nach den Kommunalwahlen, hissten Mitglieder der NSDAP Hakenkreuzflaggen auf dem Rathaus, dem Warenhaus Alsberg und auch auf der Synagoge. Die Synagoge stand nicht zuletzt deswegen im Fokus, weil im Gebäude gegenüber, im heutigen Kortumkarree, die Gauleitung der NSDAP untergebracht war.

Die Bochumer jüdische Gemeinde umfasste zu Hochzeiten 1930 1.244 Mitglieder, die zunehmend unter Druck gerieten. Bis 1938 war die Zahl der in Bochum lebenden Jüdinnen und Juden auf ca. 640 gesunken.

In der sogenannten Reichspogromnacht, in Anwesenheit führender Bochumer Nationalsozialisten wie dem Kreisleiter Riemenschneider, wurde auch die Bochumer Synagoge in Brand gesteckt. Polizei und Feuerwehr wurden vorab instruiert, nicht einzugreifen. Die Feuerwehr schützte lediglich die umliegenden Gebäude. Zudem gibt es Berichte, dass einzelne Feuerwehrleute noch zusätzlich Benzin ins Feuer schütteten. Die Synagoge wurde unter den Augen vieler Bochumer Schaulustiger und mit deren Zuspruch vom Feuer komplett zerstört.

 

Bochumer Anzeiger vom 14. August 1931, Nr. 189, 38. Jahrgang

Quelle: https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/5928739

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden im gesamten Deutschen Reich und damit auch in Bochum die Repressionen gegen die jüdische Bevölkerung immer stärker. Am 13.03.1933, dem Tag nach den Kommunalwahlen, hissten Mitglieder der NSDAP Hakenkreuzflaggen auf der Synagoge, dem Rathaus und dem Warenhaus Alsberg. Die Flagge auf dem Rathaus hatte der damalige aus einer jüdischen Familie stammende Oberbürgermeister Dr. Otto Ruer zunächst entfernen lassen, ehe es den Nationalsozialisten am besagten 13. März doch gelang. Noch im selben Jahr wurde er aus dem Amt gedrängt und „in den Tod getrieben“, wie es auf dem Denkmal auf dem Dr.-Otto-Ruer-Platz heißt. Das Warenhaus Alsberg wurde bald darauf „arisiert“, sprich die jüdische Inhaberfamilie Alsberg zum Verkauf genötigt. Heute ist das Gebäude des Kaufhauses als »Kortumhaus« bekannt, eine kleine Gedenktafel an der Hausfassade in der Harmoniestraße erinnert an dessen Vergangenheit.

Das Gelände der Synagoge am Tag nach dem Brand

Der Bochumer Anzeiger schrieb am 11. November 1938:

„Die natürlichsten und ersten Ziele, gegen die sich dieser gerechte und immer wieder heraufbeschworene Zorn in der Gauhauptstadt Bochum richtete, waren in der dichtbelebten Stadt die Synagoge an der Wilhelmstraße, die mit ihren Zwiebeltürmen schon immer als ein Stein des Anstoßes galt, und das Judenkasino auf der Wittener Straße, gegenüber dem Alten Friedhof. Empörte Volksgenossen legten an beide Gebäude zu mitternächtlicher Stunde Feuer, und bald schlugen die Flammen hoch empor. Die jüdischen Burgen vernichtend, die weiter unter seinen Augen zu dulden, das deutsche Volk jetzt nicht und niemals mehr gewillt ist.“

Im weiteren Verlauf wurde der jüdischen Bevölkerung der Besuch von Theatern, Kinos, Konzerten, Museen, Sportplätzen und Badeanstalten verboten. Der Brand der Synagoge war somit nur ein Teil, aber doch ein entscheidender Wendepunkt der Repressionen gegen die Bochumer Jüdinnen und Juden. Am Folgetag des Brandes wurden viele jüdische Männer verhaftet, mehrere Tage im Polizeigefängnis inhaftiert und dann für einige Wochen in das KZ Sachsenhausen überstellt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Versuch unternommen, viele der nationalsozialistischen Verbrechen auch juristisch aufzuarbeiten. In Bochum wurde zum Synagogenbrand ab 1948 wegen „Verbrechens gegen die Menschlichkeit“ und „Landfriedensbruch“ ermittelt, allerdings weitestgehend ohne nennenswerte Ergebnisse oder gar Urteile. Seit dem 9. November 1968 erinnern eine Gedenktafel und seit 2000 auch eine Stele am Rande des Dr.-Ruer-Platzes an die „alte“ Bochumer Synagoge.

Obdachlosenasyl Meesmannstraße

Obdachlosenasyl Meesmannstraße 117

In der Meesmannstraße 117 befand sich während der nationalsozialistischen Herrschaft ein städtisches Obdachlosenasyl . Dort wurden unter anderem Sinti und Roma untergebracht, die als „Zigeuner“ bezeichnet und verfolgt wurden.

Auf dem damaligen Bochumer Stadtgebiet gab es kein bekanntes „Zigeunerlager“. Aufgrund von bestehenden Vorurteilen in der damaligen Gesellschaft waren schon vor 1933 Maßnahmen ergriffen worden, Sinti und Roma aus dem Stadtbild zu verdrängen und ihre „Wagenkolonnen“ am Stadtrand anzusiedeln. Mit den 1940er Jahren wurden die Obdachlosenasyle an der Meesmannstraße 117 und am Krüzweg 44a dafür genutzt, Sinti und Roma zwangsweise unterzubringen.

Nachdem Sinti und Roma schon seit Jahren – und damit auch in der Weimarer Republik und dem Deutschen Kaiserreich – Diskriminierung ausgesetzt waren, wurden sie in Folge der Machtergreifung der Nationalsozialisten auch gesetzlich von der „deutschen Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen. Mit den Nürnberger Gesetzen 1935 wurden sie als „fremdrassig“ bezeichnet und im Zuge der „Rassenhygiene“ entsprechend degradierend qualifiziert. Häufig wurden Sinti und Roma auch nicht als „Zigeuner“ verhaftet, sondern auch als „Asoziale“ oder „Arbeitsscheue“.

Im August 1941 wurde im Bochumer Rathaus die Kennzeichnung von Sinti und Roma in ihre Pässe aufgenommen. Die Kennzeichnungen lauteten „Z“ oder „ZM“, also „Zigeuner“ oder „Zigeunermischling“. Letzteres bezeichnete eine Person, deren Familie nur zum Teil dieser Gruppe zugeordnet wurde. 1943 wurden Sinti und Roma verhaftet und sukzessive über den Bochumer Nordbahnhof deportiert. Die meisten wurden ins Konzentrationslager Auschwitz gebracht und dort ermordet.

Eine bekannte Biografie in diesem Kontext ist die der Bochumerin und Sinteza Appolonia Pfaus. Ihre Lebensdaten sind nur lückenhaft überliefert. Geboren wurde sie 1878/1879 – das genaue Datum und der korrekte Ort sind unbekannt – und lebte zusammen mit ihrem Partner, dem Roma Josef Winter, und elf Kindern in Bochum. Von der Familie überlebten nur drei Kinder die nationalsozialistische Verfolgung. Drei weitere der Kinder verstarben schon vor 1933, die restlichen Familienmitglieder wurden in Konzentrationslagern ermordet oder starben durch die unmenschlichen Lebensbedingungen. Appolonia verstarb im Mai 1944 in Auschwitz-Birkenau. Vor ihrer Deportation vom Bochumer Nordbahnhof aus war auch sie in der Meesmannstraße 117 untergebracht. Im Jahr 2004 wurde der Appolonia-Pfaus-Park nahe der Musikschule Bochum und dem Technischen Rathaus nach ihr benannt, „stellvertretend für die Sinti und Roma, die von den Nationalsozialisten verfolgt und umgebracht wurden“.

Gefängnis »Krümmede«

Das Gefängnis "Krümmede"

Das Gefängnis oder Zuchthaus „Krümmede“, offiziell die Justizvollzugsanstalt Bochum, wurde zwischen 1892 und 1897 als Königlich Preußisches Centralgefängnis errichtet. In den folgenden Jahren wurde es mehrmals erweitert und modernisiert, um den wachsenden Anforderungen an den Strafvollzug gerecht zu werden. 

Die Justizanstalten wurden ab 1933 in das NS-System integriert und damit auch zu „Orten des Terrors“ – so auch in Bochum. Zwischen 1933 und 1945 wurden Millionen Menschen in den Gefängnissen inhaftiert, neben „Kriminellen“ auch politische Gefangene. In der Bochumer „Krümmede“ saßen in der NS-Zeit politische Gefangene aus ganz Deutschland.

Mit dem Beginn des Krieges wurden vermehrt Ausländer*innen in deutsche Gefängnisse überstellt, insbesondere polnische Strafgefangene und später die sogenannten Nacht- und Nebel-Gefangenen aus westeuropäischen Ländern. Dabei handelte es sich um Personen, die Widerstand gegen die deutsche Besatzung geleistet hatten.

Grundlage für die Deportation von Widerstandskämpfer*innen in Reichsgefängnisse war der sogenannte Keitel-Erlass vom 7. Dezember 1941. Dieser geheime Erlass, auf Hitlers Anordnung hin von Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel in Kraft gesetzt, zielte darauf ab, jegliche „Straftaten“ gegen das Reich und die Besatzungsmacht in den besetzten westeuropäischen Ländern zu verfolgen. Das spurlose Verschwinden der Gefangenen – bei „Nacht und Nebel“ – sollte die Zivilbevölkerung einschüchtern und Spionage, Sabotage und andere Widerstandsaktionen eindämmen. Die Todesstrafe drohte nicht nur bei Anschlägen, sondern auch bei „kommunistischen“ Aktivitäten, „Feindbegünstigung“ und Spionage.

In Bochumer Dokumenten erscheint der Begriff „NN“ (für Nacht und Nebel) erstmals im Dezember 1942. Durch Sterbebücher lässt sich auf die Inhaftierten schließen; Gefangenenakten sind nicht vorhanden. Es wird angenommen, dass nach dem Erlass von 1941 die ersten Inhaftierten aus Belgien, den Niederlanden und Frankreich Anfang 1942 in Bochum waren. 

An einem Stichtag, am 18.05.1943, betrug die Zahl der „Nacht- und Nebel-Gefangenen“ in Bochum 1131 Menschen. Insgesamt waren es sicher weit mehr als 2.000 NN-Gefangene, die zeitweise in Bochum inhaftiert waren. Mindestens 220 von ihnen wurden in fragwürdigen Prozessen vor Sondergerichten oder dem Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und durch das Fallbeil in der JVA Dortmund und anderen Haftstätten (Wolfenbüttel, Köln u.a.) hingerichtet. Im Gefängnis an der Krümmede selbst starben von 1942 bis April 1945 312 Personen, darunter etwa 117 „Nacht- und Nebel-Gefangene“. 
In dieser Zahl nicht enthalten sind die Menschen, die an den Folgen von Zwangsarbeit in den Außenkommandos des Gefängnisses verstarben.

Im Gerichtsgefängnis an der ABC-Straße gab es zusätzlich 23 Todesfälle, insbesondere durch alliierte Bombardierung am 4. November .

In der Endphase des Krieges wurden die Gefangenen in drei Gruppen eingeteilt, um sie dem Zugriff der alliierten Truppen zu entziehen. Einige Gefangene wurden entlassen, andere, die auf Befreiung hofften, der Gestapo übergeben.

Schließlich kam es im März 1945 auch von hier aus zu den berüchtigten Evakuierungsmärschen, wobei viele Überlebende ins Bochumer Gefängnis zurückgebracht und von den Alliierten befreit wurden.

Der Evakuierungsversuch einer Gruppe NN-Gefangener der „Krümmede“ endete tragisch am Nordbahnhof: Zwei Belgier und neun Franzosen fielen einem Bombenangriff der Alliierten zum Opfer.

Zentralfriedhof

Der Zentralfriedhof

Der Zentralfriedhof ist mit 64.000 Gräbern der größte der Bochumer Friedhöfe, gelegen im
Stadtteil Altenbochum am Freigrafendamm. Seine Gestaltung und seine Bebauung sind die in Bochum wohl prägnantesten Beispiele für die Architektur und Raumgestaltung des Nationalsozialismus‘. Auf dem Gelände des Friedhofs befindet sich eine Vielzahl öffentlicher und privater Erinnerungsorte.

Die Planung des Bochumer Zentralfriedhofs begann in den 1920er Jahren, die gartenbauliche
Ausgestaltung mit Anlegung von Wegen, Grün- und Grabanlagen sowie der Pflanzung der zahlreichen Bäume dauerte von 1927 bis 1935. Von 1935 bis 1939 wurden die Friedhofsgebäude (Friedhofsverwaltung, Eingangsbereich, große Trauerhalle mit Krematorium und kleine Trauerhalle) im Stil repräsentativer nationalsozialistischer Architektur errichtet. Diese Gebäude prägen noch heute das Erscheinungsbild des Friedhofs und wurden während der NS-Zeit als Kulisse für monumentale Totenfeiern (z.B. für Bombenopfer) genutzt.

Im Bochumer Stadtgebiet sind diese Bauten die prägnantesten Beispiele des NS-Baustils der 1930er Jahre. Heute kann man den NS-Stil noch an retuschierten Hakenkreuzen an Figuren im Eingangsbereich der Trauerhalle sowie an stilisierten Hakenkreuzornamenten in der Decke der Halle erkennen. Die Fenster, die auch im nationalsozialistischen Stil gestaltet worden sind, wurden ausgetauscht.

In einer Vielzahl von Gräberfeldern links und rechts des Weges im Eingangsbereich sind gefallene Soldaten aus Bochum beigesetzt, gefolgt von Gräberreihen mit Opfern der Bochumer Zivilbevölkerung, die vor allem bei Bombenangriffen auf die Stadt getötet wurden. Hauptsächlich ruhen hier die 1.676 Bochumer Bürger*innen, die bei einem einzigen Bombenangriff am 04. November 1944 ums Leben gekommen sind.

Im Zentrum des Friedhofes sind Gräber und Mahnmale politisch-verfolgter Bochumer Widerstandskämpfer*innen zu finden, die für ihre Überzeugungen ihr Leben lassen mussten. Auch ist hier das Grab von Fritz Husemann, der im KZ Esterwegen im Emsland ermordet wurde, zu finden. Husemann war ein Gewerkschafter und Reichstagsabgeordneter für die SPD von 1924-1933. Er wurde das erste Mal im März 1933 länger inhaftiert und entschied sich trotz der immer gefährlicher werdenden Lage nicht zu fliehen. 1935 wurde er abermals verhaftet und ins KZ Esterwegen im Emsland deportiert, ein Lager, in dem vor allem politische Häftlinge inhaftiert wurden.  Dort wurde Husemann noch im selben Jahr bei einem angeblichen Fluchtversuch erschossen.

Exemplarisch wird hier auch der Gruppe um Moritz Pöppe und Johann Schmitfranz gedacht, die im Bochumer Lokal Dorlöchter regelmäßig zusammen kam. Die Gruppe traf sich bereits seit 1940, vorher jedoch in einem anderen Lokal, und wurde im August 1943 von der Gestapo verhaftet. Pöppe und Schmitfranz wurden vom Volksgerichtshof unter anderem wegen Vorbereitung zum „Hochverrat“ zum Tode verurteilt, das Urteil wurde im November 1944 vollstreckt.

Ebenfalls befinden sich drei Massengräber von Zwangsarbeiter*innen auf dem Friedhof. Mahnmale an den Gräberfeldern erinnern an sie. Ihre Namen sind in Gedenkbüchern aus Metall verzeichnet, die auf Basaltstein-Pulten montiert sind. 

»Judenhaus« Goethestraße

Das "Judenhaus" in der Goethestraße

Das Haus an der Goethestraße 9 wird im Adressbuch der Stadt Bochum erstmals 1899 erwähnt. Die direkte Lage zum Stadtpark, die Nähe zur Innenstadt sowie die repräsentativen Bürgerhäuser zeigen, dass es sich um eine der vornehmsten Adressen in Bochum handelt(e). Von 1926 bis 1938 gehörte das Haus dem Bochumer Rechtsanwalt und Notar Dr. Siegmund Schoenewald, der zusammen mit seiner Frau Ottilie zu den prominenteren Paaren in Bochum gehörte. Siegmund Schoenewald hatte eine der größten Anwaltspraxen Bochums und war ehrenamtlich Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde. Ottilie Schoenewald war Vorsitzende des Nationalen Frauendienstes in Bochum und ab 1934 auch die Vorsitzende des Jüdischen Frauenbundes auf Reichsebene. Zudem war sie in der Bochumer Stadtverordnetenversammlung Abgeordnete der linksliberalen Staatspartei (ehem. Deutsche Demokratische Partei).

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor Siegmund Schoenewald zunächst seine Zulassung als Notar und wurde während der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 mit ca. 60 anderen jüdischen Männern in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Parallel dazu wurde auch das Haus der Familie durch die SA sowie einer Jungenklasse eines Gymnasiums geplündert und verwüstet. Die Familie Schoenewald verließ nach der Entlassung Siegmund Schoenewalds aus dem Konzentrationslager 1938 Deutschland. Nachdem die Familie Schoenewald aus Deutschland fliehen konnte, wohnten noch weitere Jüdinnen und Juden in dem Haus, sodass dieses als  „Judenhaus“ bezeichnet wurde. 1942 wurde der „Reichsbund deutsche Familie e.V. Landesleitung Westfalen Süd“ Eigentümer des Hauses.

Von diesen „Judenhäusern“ gab es einige in Bochum. Die Nationalsozialisten zwangen jüdische Familien aus ihren eigenen Wohnungen und Häusern. Diese Familien mussten dann teilweise auf sehr beengtem Raum in den „Judenhäusern“ wohnen. Die Nationalsozialisten sahen in dieser Aktion gleich zwei Vorteile: Zum einen wurde begehrter Wohnraum „entjudet“ und damit „Deutschen“ zugänglich gemacht. Zum anderen konzentrierte man jüdische Familien auf einige wenige Punkte in der Stadt und konnte sie besser überwachen und schikanieren. 

Heute erinnern Stolpersteine an den letzten selbstgewählten Wohnorten der Menschen sowie eine Stele des Bochumer Stelenwegs in der Goethestraße an das Schicksal der Menschen und die Geschichte der „Judenhäuser“. 

Zwangsarbeiterlager Bergener Straße

Zwangsarbeiterlager Bergener Straße

Zwangsarbeit in Bochum

In der heutigen Bergener Straße 116a-i war das nach der Straße benannte Zwangsarbeiterlager untergebracht. Das Lager und letztlich auch die Zwangsarbeiter*innen waren der Zeche Constantin zugeordnet. Die Baracken des ehemaligen Lagers sind bis heute erhalten und teilweise bewohnt.

Das Lager wurde von 1943 bis Sommer 1944 errichtet und sollte Platz für ca. 680 Personen bieten. Die Insassen stammten in erster Linie aus der Ukraine und Polen. Auch Minderjährige aus der damaligen Sowjetunion waren hier untergebracht. Ihr Arbeitsort war nach ihrer Zwangsverschleppung nach Bochum die Zeche Constantin der Große, welche von der Friedrich Krupp AG betrieben wurde.

Die Arbeits- und Lebensbedingungen waren ausgesprochen hart, nötiger Arbeitsschutz war so gut wie nicht gegeben. Viele Arbeiter starben durch die oder an den Folgen der Arbeit unter Tage. Auf Constantin waren 1944 3.500 Zwangsarbeiter*innen tätig, was 40% aller dort tätigen Personen ausmachte.

Die Zuteilung von Zwangsarbeiter*innen wurde über das Arbeitsamt geregelt, das sich zwischen der heutigen Kreuzstraße und der Kortumstraße (Bermuda3Eck) befand. Firmen konnten Zwangsarbeiter*innen anfordern, die dann entweder aus anderen Unterkünften verlegt oder nach Bochum gebracht beziehungsweise deportiert wurden.
Die Bergener Straße war bei weitem nicht das einzige Zwangsarbeiterlager im Bochumer Stadtgebiet. In Bochum (und Wattenscheid) waren laut einem Bericht von 1943 über 100 Lager verzeichnet.

Während des Zweiten Weltkrieges kamen viele verschleppte ausländische Arbeitskräfte im Ruhrbergbau zum Einsatz. Die Stahl- und Rüstungsindustrie und der damit verbundene Steinkohlebergbau standen im Zentrum der Kriegsanstrengungen des nationalsozialistischen Regimes. Damit stieg die Zahl der verschleppten Arbeitskräfte mit dem fortschreitenden Kriegsverlauf stark an.

Mitte des Jahres 1944 waren 530 Personen in der Bergener Straße inhaftiert. Es war so zentral angelegt, dass von dort zu Fuß die Schachtanlagen 4/5, 6/7 und 10 erreicht werden konnten. Diese Schachtanlagen waren durch eine Werksbahn verbunden, die heute als Fahrradtrasse genutzt wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten die überlebenden ehemaligen Zwangsarbeiter*innen in ihre Heimat zurück.

Im Bergbau fehlten nun Arbeitskräfte, vor allem in den 1960er Jahren stellte die Montanindustrie deshalb vermehrt sogenannte Gastarbeiter ein. Wegen des Wohnungsmangels wurden die Gebäude des ehemaligen Lagers als Unterkünfte weitergenutzt. Nur wenige der Baracken waren während der Bombardements zerstört worden. Die Gebäude sind auch heute noch bewohnt und stehen seit 2003 unter Denkmalschutz. Das ehemalige Lager existiert als eines der wenigen in ganz Deutschland in diesem Erhaltungszustand.  Heute finden Führungen statt, in denen die Geschichte dieses Ortes und der Menschen dort erzählt werden.

Rathaus

Das Bochumer Rathaus

Nach den Kommunalwahlen 1933 verkündete die NSDAP-Parteizeitung „Rote Erde“ am 13. März: „Das Rathaus ist unser!“. Das Bochumer Rathaus war Anfang der 1930er Jahre ein modernes neues Verwaltungsgebäude und wurde in den folgenden Jahren zu einem zentralen Ort, an dem Terror organisiert und verwaltet wurde.

Das Bochumer Rathaus, wie es heute in der Innenstadt steht, wurde von 1926 bis 1931 erbaut. Der erste Oberbürgermeister (OB), der dort Einzug hielt, war Dr. Otto Ruer. Bis 1933 stand der jüdischstämmige OB im Dienste der Stadt und hatte insbesondere in seinen letzten Dienstjahren mit Drohungen und Verleumdungen durch namhafte Mitglieder der Bochumer NSDAP zu kämpfen. Im März 1933 hissten NSDAP-Mitglieder die Hakenkreuz-Flagge auf dem Bochumer Rathaus, die Ruer umgehend entfernen ließ. Letztlich wurde Otto Ruer mit einer Diffamierungskampagne und Unterstellungen aus dem Amt gedrängt. Die Unterstellungen stellten sich noch 1933 als haltlos heraus, allerdings war zu diesem Zeitpunkt Otto Ruer bereits tot in einem Berliner Hotelzimmer aufgefunden worden; er wurde in den Suizid getrieben.

Wie im gesamten Deutschen Reich erlangte die NSDAP immer mehr an Einfluss. Bei den Kommunalwahlen 1933 erreichte sie 39,4 % der Stimmen. Otto Leopold Piclum, der neue OB der Stadt Bochum und führendes NSDAP-Mitglied, verkündet in der ersten Ratssitzung im April 1933: „Wir Nationalsozialisten sind mit dem Weltjudentum fertig geworden und werden hier in Bochum mit jedem spielend fertig, der sich uns entgegensetzt!“ Ebenfalls wurde 1933 Adolf Hitler zum Ehrenbürger der Stadt Bochum ernannt. Gestrichen wurde Hitler erst 1984 von der Liste der Bochumer Ehrenbürger, wobei offiziell die Ehrenbürgerwürde mit dem Tod Hitlers 1945 erloschen war. Piclum ging 1943 in den Ruhestand und wurde durch Friedrich Hesseldieck ersetzt.

Nicht nur das Schicksal von Otto Ruer verdeutlicht, dass das Bochumer Rathaus ein zentraler Ort des nationalsozialistischen Terrors war. Im Zuge der Gleichschaltung und des Gesetzes zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ aus dem Jahr 1933 verloren neben politischen Gegnern der Nationalsozialisten (Kommunisten, Sozialdemokraten) auch alle als jüdisch definierten Personen ihre Anstellungen in der Verwaltung. Als Bochumer Verwaltungsstätte war das Rathaus auch der Ort, an dem die Bochumer Jüdinnen und Juden den sogenannten Judenstempel in ihren Pass bekommen haben. Das imposante Gebäude mit dem geräumigen Rathausvorplatz wurde auch als Propagandaort genutzt. Es stand und steht repräsentativ im Bochumer Zentrum, wie nur wenige andere Gebäude.

Das Rathaus steht hier aber nur als ein Beispiel für die Verwaltung und Organisation des nationalsozialistischen Terrors im Bochumer Stadtgebiet. So erfolgte etwa die Planung von Deportationen oder die Ankunft und Verteilung von Zwangsarbeiter*innen auch an anderen Orten in Bochum.  Beispielsweise steht auch das Arbeitsamt, von dem aus Zwangsarbeiter*innen Firmen wie zum Beispiel dem Bochumer Verein zugewiesen wurden, für diese institutionalisierte Gewaltausübung. Im nationalsozialistischen Bochum stand das Arbeitsamt auf dem Gebiet des heutigen Bermuda3Ecks.

Im Zweiten Weltkrieg wurden Teile des Bochumer Rathauses zerstört. Schon vor den Bombenangriffen auf die Stadt waren die am Gebäude angebrachten Skulpturen demontiert worden, um sie für die Produktion von Waffen und Munition einzuschmelzen.

Das Rathaus, das bis 1951 wieder aufgebaut worden war, bleibt bis heute ein Erinnerungsort an den Nationalsozialismus in Bochum. Vor dem Eingangsbereich zum Innenhof auf dem Rathausvorplatz wurde ein Stolperstein für Otto Ruer verlegt, der allerdings in Relation zur imposanten Glocke etwas untergeht. Am Vorplatz bzw. am Rande des Gebäudes finden sich auch Tafeln mit QR-Codes, über die weitere Informationen zum Gebäude angeschaut werden können.

Polizeipräsidium

Das Polizeipräsidium

Als ausführendes Staatsorgan steht die Polizei – neben anderen Institutionen im Nationalsozialismus wie z.B. die Gestapo – beispielhaft für Verfolgung und Terrorisierung. Das Bochumer Polizeipräsidium – direkt neben dem Bergbaumuseum – war in den 30er und 40er Jahren eine gefürchtete Folterstätte. Das Gebäude war von 1926 bis 1929 in der Uhlandstraße 35 errichtet worden und dient auch heute noch, erweitert um einen Anbau, als Polizeipräsidium.

Im Februar 1933 wurden Polizeipräsident Stanislaus Graß, ein Mitglied der Zentrumspartei, sowie der Leiter der Bochumer Schutzpolizei Fritz Harlinghausen abgesetzt. Dies geschah auf Befehl von Hermann Göring aus dem Reichskommissariat für das preußische Innenministerium, um zentrale Positionen mit linientreuen Personen zu besetzen. SA-Gruppenführer Wilhelm Schepmann hatte Ende Januar ein Telegramm an Reichsinnenminister Frick geschickt, in welchem er Graß unterstellte, dass dieser unzuverlässig arbeite und regierungsfeindliche Kommunisten frei lasse. Für wenige Monate übernahm Konrad Sarrazin den Posten des Polizeipräsidenten, wurde aber im Herbst 1933 ersetzt. Die Einsetzung von Konrad Sarrazin, selbst aus deutschnationalen Kreisen, war eher ein Zugeständnis an die DNVP mit der die NSDAP im Stadtrat zusammenarbeitete. Ihm folgte zügig der SS-Standartenführer Fritz Schleßmann.

Durch den am 17. Februar 1933 von Göring ergangenen Erlass, mit SA, SS und Stahlhelm das „beste Einvernehmen herzustellen“ und gegen andere, vor allem als kommunistisch deklarierte Gruppen zur Not auch mit Waffengewalt vorzugehen, verschärfte sich dementsprechend auch das Vorgehen der Bochumer Polizei. Unterstützt wurden sie von einer Vielzahl an Hilfspolizisten. Diese setzten sich aus den Rängen der SA, SS und Stahlhelm zusammen und waren lediglich durch eine Armbinde mit der Aufschrift „Hilfspolizei“ gekennzeichnet. Ansonsten trugen sie ihre gewohnten Uniformen.

Mit der steigenden Macht Heinrich Himmlers, dem im Laufe der 1930er Jahre SS, die deutsche Polizei, SD und Gestapo unterstanden, zog auch die Gestapo in das Gebäude in der Uhlandstraße. Später zog die Gestapo in die Bergstraße. Das Polizeipräsidium entwickelte sich mehr und mehr zu einer zentralen Folterstätte in Bochum. So berichtete z. B. Marie Marczewski, eine junge Frau, die zeitweise in einem jüdischen Geschäft gearbeitet hatte, über ihr Verhör und ihre Haft: „Ich musste in das Polizeipräsidium in der Uhlandstraße, unten im Keller, da saß die Gestapo. Ich wurde verhört, denn ich hatte meinen Ausweis verloren. […] Sie haben mir nicht geglaubt und […] ich kam in eine Zelle direkt an der Tür, so daß ich alles mitkriegte, was passierte. […] Da wurden die ganze Nacht die Männer geschlagen von den SS-Leuten mit dem Knüppel.“ Zu den Opfern in der Uhlandstraße zählte auch der bekannte Bochumer Sozialdemokrat Fritz Husemann, der im April 1935 im Konzentrationslager Esterwegen ermordet wurde.

Heute erinnert nur wenig an der Uhlandstraße 35 an die Verfolgung, den Terror und die Gewalt, die vom Polizeipräsidium ausging und dort stattfand. Im Innenhof hängt eine Erinnerungstafel an die Geschehnisse. Diese ist allerdings nicht öffentlich zugänglich. Inzwischen beleuchtet die Bochumer Polizei ihre Rolle in der NS-Zeit mit einer neuen Ausstellung im Polizeipräsidium.

KZ-Außenlager Brüllstraße

Das KZ-Außenlager an der Brüllstraße

An der Brüllstraße in Bochum gab es von 1944 bis 1945 ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. Das Lager wurde in der zweiten Jahreshälfte 1944 errichtet und diente hauptsächlich dazu, KZ-Häftlinge für die Rüstungsproduktion des Bochumer Vereins unterzubringen. Die Häftlinge stammten aus Buchenwald, Auschwitz und Neuengamme.

Zunächst wurden am 21. Juni 1944 434 ungarische Juden aus Auschwitz über Buchenwald in das „Arbeitskommando Bochumer Verein“ deportiert, im Verlaufe des Jahres folgten noch ca. 400 Juden aus dem Stammlager Buchenwald, 270 aus Auschwitz und 500 aus Neuengamme. Im November 1944 können über 1.700 Häftlinge im KZ-Außenlager an der Brüllstraße nachgewiesen werden.

Die Lebensbedingungen im Lager waren äußerst schlecht. Die Häftlinge litten unter Hunger, Krankheiten und Misshandlungen durch die SS-Wächter. Viele starben aufgrund der unmenschlichen Bedingungen und der brutalen Behandlung sowie durch alliierte Luftangriffe, da die Häftlinge keinen Zugang zu Luftschutzbunkern hatten. In der Zeit von Juni 1944 bis zur Schließung Anfang März 1945 mussten sich 125 Menschen zu Tode arbeiten, was ca. 12,7% aller Insassen dieses Lagers entsprach. Nach Auflösung des Lagers aufgrund der vorrückenden Alliierten wurden die noch lebenden Häftlinge zurück nach Buchenwald deportiert und häufig anschließend ermordet.

Das Lager wurde im April 1945 von amerikanischen Truppen befreit, als sich das Ende des Zweiten Weltkriegs abzeichnete. Nach Kriegsende diente das Lager mit seinen Barracken als Wohnstätte für vertriebene Deutsche aus den ehemaligen „Ostgebieten“.

Die Gestaltung des Mahnmals durch den Bochumer Künstler Marcus Kiel, erinnert an die menschenunwürdigen Zustände. Es ist eine Betonröhre zu sehen, die mit einem Zitat von Rolf Abrahamsohn, der die Haft in diesem Lager überlebte, versehen ist: „Ich habe mich retten können, weil ich in ein Zementrohr gekrochen bin. Während der Luftangriffe hörte ich, wie Bombensplitter auf das Rohr fielen.“

Der Nordbahnhof

Der Nordbahnhof

Neben dem Bochumer Justizzentrum am Rande der Bochumer Innenstadt befindet sich der Bochumer Nordbahnhof, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als „Rheinischer Bahnhof“ gebaut wurde. Wenngleich dieser während des Zweiten Weltkriegs teilweise zerstört wurde – das Gebäude hat das obere Stockwerk verloren – ist die Architektur im sonstigen Gebäude rund um die eindrucksvolle Schalterhalle erhalten geblieben.

Während der Zeit des Nationalsozialismus war der Bahnhof Bochum-Nord ein zentraler Ort der nationalsozialistischen Verbrechen in Bochum. So wurden in dieser Zeit hunderte Jüdinnen und Juden sowie Sinti*zze und Roma*nja, Homosexuelle, Zeugen Jehovas und weitere Menschen in Bochum ausgegrenzt, verfolgt, vertrieben sowie entrechtet und deportiert. Die nationalsozialistischen Verbrechen, der millionenfache Mord an den europäischen Jüdinnen und Juden sowie den Sinti*zze und Roma*nja und anderen Gruppen wurde zwar während des Zweiten Weltkriegs zumeist in Osteuropa durchgeführt, doch wurden die Voraussetzungen dafür ebenso in Deutschland und auch in Bochum geschaffen.

Der Bochumer Nordbahnhof sowie der damalige Hauptbahnhof waren die Orte, die als lokale Sammelstellen für die Deportationen der verfolgten jüdischen Bochumer*innen 1942-44 dienten. Sie führten über Dortmund, als Sammelort für den Regierungsbezirk Arnsberg, in die NS-Konzentrations- und Vernichtungslager in Osteuroapa. Für die Deportation nach Theresienstadt (am 29. Juli 1942) war nachweislich der Nordbahnhof der Ausgangspunkt.

Auch wurden ab 1944 die in „Mischehen“ lebenden Menschen vom Nordbahnhof aus deportiert. Ende September 1944 wurden zunächst jeweils die jüdischen Partner*innen dieser Ehen, im Anschluss deren christliche Partner*innen („jüdisch Versippte“) sowie schließlich die aus diesen Partnerschaften hervorgegangenen Kinder („Mischlinge“) deportiert. Die Menschen, die in diesem Zusammenhang im September und Oktober 1944 in Arbeitslager verschleppt wurden, haben alle überlebt und kehrten nach Kriegsende zurück.

Gleichzeitig diente der Bahnhof-Nord auch als Schlusspunkt für erzwungene Fahrten nach Bochum: Ein Teil der Zwangsarbeiter*innen kam dort an, ehe sie in Bochumer Zwangsarbeiterlager verschleppt wurden. Auch die in der „Krümmede“ inhaftierten   Résistance-Gefangenen (aus Belgien und Frankreich) kamen teilweise über den Nordbahnhof.

Mit der Initiative Nordbahnhof existiert seit 2013 in Bochum auch eine Institution, die in Teilen des Nordbahnhofgebäudes einen Gedenkort eingerichtet hat, welcher den genannten Opfern gewidmet sein und an die Deportationen erinnern soll.

Bochumer Verein

Der Bochumer Verein

Der Bochumer Verein (BV) war bis in die 1960er Jahre ein bedeutendes Unternehmen der Schwerindustrie im Ruhrgebiet. In der NS-Zeit spielte der Montankonzern eine wichtige Rolle in der Rüstungsproduktion und trug zur Kriegswirtschaft des Dritten Reichs bei. 

Während des Zweiten Weltkriegs stellte der Bochumer Verein eine Vielzahl von Rüstungsgütern für die Wehrmacht her, darunter Panzer, Geschütze und andere militärische Ausrüstung. Die Produktion wurde stark auf Kriegsbedarf umgestellt und das Unternehmen profitierte von staatlichen Aufträgen im Rahmen der Aufrüstung Deutschlands.

Der Bochumer Verein gewährte u.a. der Deutschen Arbeitsfront (DAF) und der Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation (NSBO) große Freiräume in der Gestaltung der Sozialpolitik des Unternehmens, was zu guten Beziehungen zum NS-Regime führte und auch die wirtschaftliche Entwicklung des BV begünstigte.

Vorangetrieben wurde dieser Kurs primär von Walter Borbet, dem Vorstandsvorsitzenden des BV, der ideologisch sehr nah an der NSDAP zu verorten ist und außerdem den Anspruch hatte, der größte Waffenproduzent im Reich zu werden. Um dieses Vorhaben verwirklichen zu können, verfolgte der BV einen regimetreuen Kurs. Borbet trat nicht sofort der NSDAP bei, bezeichnete Hitler allerdings als „eine der wertvollsten Gestalten der deutschen Geschichte“ und begrüßte die nationalsozialistische Machtergreifung. Seine Anpassung an das neue System ermöglichte ihm einen rasanten Aufstieg in der Politik: Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen und stieg im Mai 1937 sogar zum „Wehrwirtschaftsführer“ auf. Auch wurde der BV vom Amt „Schönheit der Arbeit“ der DAF mehrfach als „NS-Musterbetrieb“ ausgezeichnet. Erst später geriet auch Borbet in Konflikt mit den Nationalsozialisten.

Die Anstrengungen des Bochumer Vereins – gerade im Rüstungssektor – wurden von vielen hochrangigen NS-Politikern und Militärs begutachtet. In den Jahren 1935 bis 1940 besuchten unter anderem Werner von Blomberg, Hermann Göring, Erich Raeder, Werner von Fritsch, Alfred Rosenberg, Hans-Günther von Kluge oder Fritz Todt die Werke des BV. Den „Höhepunkt“ markierte sicher der Besuch von Adolf Hitler am 14. April 1935.

Wie viele andere Unternehmen in dieser Zeit hielt der Bochumer Verein seine Produktion durch Zwangsarbeit aufrecht. Tausende von Kriegsgefangenen, Zwangsarbeiter*innen aus besetzten Ländern und KZ-Häftlingen kamen in den Fabriken und Zechen des Motankonzerns zum Einsatz. Die Bedingungen für diese Zwangsarbeiter waren äußerst schlecht, und viele von ihnen starben aufgrund von Misshandlungen, Unterernährung und den harten Arbeitsbedingungen. Die dem Bochumer Verein unterstellten Zwangsarbeiterlager sind in unserer Karte eingezeichnet.

Der BV unterhielt eines der zwei KZ-Außenlager auf Bochumer Stadtgebiet. Das Außenlager Buchenwalds an der Brüllstraße bestand ab der zweiten Jahreshälfte 1944. In der Brüllstraße waren Häftlinge aus den Konzentrationslagern Buchenwald, Auschwitz und Neuengamme untergebracht.