Orte des Terrors

Synagoge

Bochumer Synagoge

Verfolgung jüdischen Lebens (Wilhelmstr. 18)

In der Wilhelmstraße 18, heute am Dr.-Ruer-Platz, stand bis zur sogenannten Reichspogromnacht die „alte“ Bochumer Synagoge. Am 9. November 1938 wurde sie in Brand gesteckt und vollständig zerstört. Heute erinnert eine Gedenktafel an das Gebäude.

Die Synagoge wurde 1863 eingeweiht und galt lange Zeit als ein repräsentatives Bauwerk des Bochumer Geschäftsviertels. Im selben Jahr wurde nebenan im Haus Nummer 16 die jüdische Schule eröffnet, die Platz für ca. 100 Schüler*innen bot. Noch im Jahr 1929 wurde die besondere Schönheit der Synagoge hervorgehoben. In den folgenden Jahren unter dem erstarkenden nationalsozialistischen Einfluss finden sich für das Gebäude keine positiven Bezeichnungen mehr. Vermehrt ist von „Zwiebeltürmen“ die Rede, die als anstößig kritisiert wurden.

Bochumer Anzeiger vom 08. Mai 1929, Nr. 107, 36. Jahrgang.

Quelle: https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/5898806

Am 13.03.1933, dem Tag nach den Kommunalwahlen, hissten Mitglieder der NSDAP Hakenkreuzflaggen auf dem Rathaus, dem Warenhaus Alsberg und auch auf der Synagoge. Die Synagoge stand nicht zuletzt deswegen im Fokus, weil im Gebäude gegenüber, im heutigen Kortumkarree, die Gauleitung der NSDAP untergebracht war.

Die Bochumer jüdische Gemeinde umfasste zu Hochzeiten 1930 1.244 Mitglieder, die zunehmend unter Druck gerieten. Bis 1938 war die Zahl der in Bochum lebenden Jüdinnen und Juden auf ca. 640 gesunken.

In der sogenannten Reichspogromnacht, in Anwesenheit führender Bochumer Nationalsozialisten wie dem Kreisleiter Riemenschneider, wurde auch die Bochumer Synagoge in Brand gesteckt. Polizei und Feuerwehr wurden vorab instruiert, nicht einzugreifen. Die Feuerwehr schützte lediglich die umliegenden Gebäude. Zudem gibt es Berichte, dass einzelne Feuerwehrleute noch zusätzlich Benzin ins Feuer schütteten. Die Synagoge wurde unter den Augen vieler Bochumer Schaulustiger und mit deren Zuspruch vom Feuer komplett zerstört.

 

Bochumer Anzeiger vom 14. August 1931, Nr. 189, 38. Jahrgang

Quelle: https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/5928739

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden im gesamten Deutschen Reich und damit auch in Bochum die Repressionen gegen die jüdische Bevölkerung immer stärker. Am 13.03.1933, dem Tag nach den Kommunalwahlen, hissten Mitglieder der NSDAP Hakenkreuzflaggen auf der Synagoge, dem Rathaus und dem Warenhaus Alsberg. Die Flagge auf dem Rathaus hatte der damalige aus einer jüdischen Familie stammende Oberbürgermeister Dr. Otto Ruer zunächst entfernen lassen, ehe es den Nationalsozialisten am besagten 13. März doch gelang. Noch im selben Jahr wurde er aus dem Amt gedrängt und „in den Tod getrieben“, wie es auf dem Denkmal auf dem Dr.-Otto-Ruer-Platz heißt. Das Warenhaus Alsberg wurde bald darauf „arisiert“, sprich die jüdische Inhaberfamilie Alsberg zum Verkauf genötigt. Heute ist das Gebäude des Kaufhauses als »Kortumhaus« bekannt, eine kleine Gedenktafel an der Hausfassade in der Harmoniestraße erinnert an dessen Vergangenheit.

Das Gelände der Synagoge am Tag nach dem Brand

Der Bochumer Anzeiger schrieb am 11. November 1938:

„Die natürlichsten und ersten Ziele, gegen die sich dieser gerechte und immer wieder heraufbeschworene Zorn in der Gauhauptstadt Bochum richtete, waren in der dichtbelebten Stadt die Synagoge an der Wilhelmstraße, die mit ihren Zwiebeltürmen schon immer als ein Stein des Anstoßes galt, und das Judenkasino auf der Wittener Straße, gegenüber dem Alten Friedhof. Empörte Volksgenossen legten an beide Gebäude zu mitternächtlicher Stunde Feuer, und bald schlugen die Flammen hoch empor. Die jüdischen Burgen vernichtend, die weiter unter seinen Augen zu dulden, das deutsche Volk jetzt nicht und niemals mehr gewillt ist.“

Im weiteren Verlauf wurde der jüdischen Bevölkerung der Besuch von Theatern, Kinos, Konzerten, Museen, Sportplätzen und Badeanstalten verboten. Der Brand der Synagoge war somit nur ein Teil, aber doch ein entscheidender Wendepunkt der Repressionen gegen die Bochumer Jüdinnen und Juden. Am Folgetag des Brandes wurden viele jüdische Männer verhaftet, mehrere Tage im Polizeigefängnis inhaftiert und dann für einige Wochen in das KZ Sachsenhausen überstellt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Versuch unternommen, viele der nationalsozialistischen Verbrechen auch juristisch aufzuarbeiten. In Bochum wurde zum Synagogenbrand ab 1948 wegen „Verbrechens gegen die Menschlichkeit“ und „Landfriedensbruch“ ermittelt, allerdings weitestgehend ohne nennenswerte Ergebnisse oder gar Urteile. Seit dem 9. November 1968 erinnern eine Gedenktafel und seit 2000 auch eine Stele am Rande des Dr.-Ruer-Platzes an die „alte“ Bochumer Synagoge.