Zwangsarbeiterlager Bergener Straße
Zwangsarbeit in Bochum
In der heutigen Bergener Straße 116a-i war das nach der Straße benannte Zwangsarbeiterlager untergebracht. Das Lager und letztlich auch die Zwangsarbeiter*innen waren der Zeche Constantin zugeordnet. Die Baracken des ehemaligen Lagers sind bis heute erhalten und teilweise bewohnt.
Das Lager wurde von 1943 bis Sommer 1944 errichtet und sollte Platz für ca. 680 Personen bieten. Die Insassen stammten in erster Linie aus der Ukraine und Polen. Auch Minderjährige aus der damaligen Sowjetunion waren hier untergebracht. Ihr Arbeitsort war nach ihrer Zwangsverschleppung nach Bochum die Zeche Constantin der Große, welche von der Friedrich Krupp AG betrieben wurde.
Die Arbeits- und Lebensbedingungen waren ausgesprochen hart, nötiger Arbeitsschutz war so gut wie nicht gegeben. Viele Arbeiter starben durch die oder an den Folgen der Arbeit unter Tage. Auf Constantin waren 1944 3.500 Zwangsarbeiter*innen tätig, was 40% aller dort tätigen Personen ausmachte.
Die Zuteilung von Zwangsarbeiter*innen wurde über das Arbeitsamt geregelt, das sich zwischen der heutigen Kreuzstraße und der Kortumstraße (Bermuda3Eck) befand. Firmen konnten Zwangsarbeiter*innen anfordern, die dann entweder aus anderen Unterkünften verlegt oder nach Bochum gebracht beziehungsweise deportiert wurden.
Die Bergener Straße war bei weitem nicht das einzige Zwangsarbeiterlager im Bochumer Stadtgebiet. In Bochum (und Wattenscheid) waren laut einem Bericht von 1943 über 100 Lager verzeichnet.
Während des Zweiten Weltkrieges kamen viele verschleppte ausländische Arbeitskräfte im Ruhrbergbau zum Einsatz. Die Stahl- und Rüstungsindustrie und der damit verbundene Steinkohlebergbau standen im Zentrum der Kriegsanstrengungen des nationalsozialistischen Regimes. Damit stieg die Zahl der verschleppten Arbeitskräfte mit dem fortschreitenden Kriegsverlauf stark an.
Mitte des Jahres 1944 waren 530 Personen in der Bergener Straße inhaftiert. Es war so zentral angelegt, dass von dort zu Fuß die Schachtanlagen 4/5, 6/7 und 10 erreicht werden konnten. Diese Schachtanlagen waren durch eine Werksbahn verbunden, die heute als Fahrradtrasse genutzt wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten die überlebenden ehemaligen Zwangsarbeiter*innen in ihre Heimat zurück.
Im Bergbau fehlten nun Arbeitskräfte, vor allem in den 1960er Jahren stellte die Montanindustrie deshalb vermehrt sogenannte Gastarbeiter ein. Wegen des Wohnungsmangels wurden die Gebäude des ehemaligen Lagers als Unterkünfte weitergenutzt. Nur wenige der Baracken waren während der Bombardements zerstört worden. Die Gebäude sind auch heute noch bewohnt und stehen seit 2003 unter Denkmalschutz. Das ehemalige Lager existiert als eines der wenigen in ganz Deutschland in diesem Erhaltungszustand. Heute finden Führungen statt, in denen die Geschichte dieses Ortes und der Menschen dort erzählt werden.